Ein Multitalent für Form und Funktion
Die Architektur von Arne Jacobsen in Deutschland entstand als Spätwerk. Zusammen mit dem Büropartner Otto Weitling hatte er ab den 1960er-Jahren mehrere Wettbewerbe in Deutschland gewonnen. Dieser Spätphase in Jacobsens Oeuvre verdankt Westdeutschland das Verwaltungsgebäude der HEW und das Christianeum in Hamburg (1969 und 1972). Hinzu kommen das Betriebsgebäude der „Novo Chemischen Industrie“ in Mainz (1970, heute Bausparkasse Mainz), die Ferienanlage auf Fehmarn (1972) und die Rathäuser in Mainz und Castrop-Rauxel (1973 und 1976).
Das Glasfoyer in den Herrenhäuser Gärten hatten Jacobsen und Weitling bereits 1966 fertiggestellt. Ein Projekt, an das sich Weitling gerne erinnert. Der Büropartner war Co-Urheber und „federführend für die deutschen Projekte“, so Weitling, der Jacobsens anspruchsvolle und zugleich entspannte Arbeitsweise hervorhob. Eine, die von permanenter Schaffensfreude getrieben war. Jacobsen dazu: „Ich habe keine Philosophie, am allerliebsten sitze ich im Studio.“
So erklärt sich die überwältigende Größe des Werks und verwirrende Vielfalt seiner Ideen. Hohe Kunstfertigkeit verband er mit unermüdlichem Interesse, das er nicht auf einen Bereich oder ein Produkt beschränkte. Textilien waren ebenso Teil seiner Arbeit wie seine Skizzen und Pläne für Leuchten, Badearmaturen, Uhren, Bestecke, Aschenbecher, Salz- und Pfefferstreuer und Möbel. Diese wiederum integrierte der Industriedesigner Jacobsen in die Gebäude des Architekten Jacobsen. Die Stühle Ameise und 3107 wurden seit 1952 mehr als sechs Millionen Exemplare hergestellt. „Das Ei“ und „der Schwan“ sind zwei weitere berühmte Stühle. Die Unternehmen Fritz Hansen, Vola, Louis Poulsen produzierten und profitierten von seinen Inspirationen und existieren noch heute als erfolgreiche Hüter des Jacobsen-Designs …
Textauszug aus dem Ausstellungskatalog „Gesamtkunstwerke – Architektur von Arne Jacobsen und Otto Weitling in Deutschland“. Weitere Informationen zum Katalog gibt es auf der Ausstellungsseite.